Sonntag, 10. August 2014

Auf Besuch in Rostow am Don - Teil 1

Heute ist unser dritter Tag in Rostow am Don, der Hauptstadt von Südrussland, die etwa 80km von der ukrainischen Grenze entfernt ist. Wir haben zwei Flüchtlingslager, sowie den Grenzübergang bei Gukovo besucht. Dort haben wir mit vielen Menschen gesprochen und jede Menge Fotos und Videos gemacht. Den größeren Teil unseres Materials werden wir nach unserer Reise veröffentlichen, aber hier sind vorab schon einmal ein paar Bilder:

Zusammengefasst haben wir in den letzten Tagen folgendes gelernt:

  • Die ukrainische Armee, bzw. mit ihr verbündete Verbände, scheinen die Bevölkerung im Osten ganz gezielt zu vertreiben. Viele haben es überhaupt nur mit Hilfe der im Westen meist verteufelten Selbstverteidigungsgruppen in die russischen Lager geschafft, da vor der ukrainischen Armee niemand sicher ist. Das mag unglaublich klingen, aber genau das haben uns die Flüchtlinge wieder und wieder erzählt. Der Westen unterstützt hier schwere Kriegsverbrechen.
  • Die Lager selbst sind sehr gut organisiert und wirken sauber.
  • Westliche Journalisten scheinen die Lager größtenteils zu meiden. Wenn sie kommen, so hat man uns erzählt, dann bestenfalls um ein paar Fotos zu machen. Den Kontakt zu den Menschen suchen sie nicht.
  • Die OSCE wird von den Flüchtlingen als nicht objektiv angesehen. Die Beobachter würden, teilweise mit Hilfe von Bodyguards, niemanden an sich ran lassen, und die Menschen die sich eigentlich beobachten sollen, stets auf Distanz halten. Viele denken, dass sie berichten was EU und USA hören wollen. Falls sich die Gelegenheit ergeben sollte, werden wir versuchen eine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen von OSCE Beobachtern einzuholen.
  • Der Konflikt in der Ukraine ist für Russland, anders als für Westeuropa oder gar die USA, ein sehr persönlicher. Sehr viele Menschen, nicht nur hier in Rostow am Don, sondern in ganz Russland, haben Verwandte, Freunde oder Bekannte in der Ukraine. Man will seine "Brüder" nicht im Stich lassen, und findet das Verhalten des Westens zum Großteil befremdlich. Das Verhalten Russlands in diesem Konflikt auf Putin zu reduzieren kann falscher nicht sein.
  • Es gibt tatsächlich Russen, die in der Ukraine an der Seite der Regierungsgegner kämpfen. Das sind aber soweit wir sehen konnten keine von Putin geschickten Spezialtruppen, sondern Freiwillige aus verschiedenen Lagern (zum Beispiel Kosaken). Der wesentliche Teil der Kämpfer wird aber von Einheimischen gestellt.
  • Die sogenannten Separatisten sind keine einheitliche Gruppe, sondern untereinander zerstritten. Luhansk wird zum Beispiel von zwei Fraktionen kontrolliert. Eine davon wird von Bolotov angeführt, bei der anderen handelt es sich um Kosaken.
  • Wir konnten eine verstärkte Präsenz des russischen Militärs auf den Straßen in der Nähe zur Grenze feststellen. Ob es sich dabei um in der gegebenen Situation vollkommen legitime Defensiveinmaßnahmen handelt (auch Österreich hat z.B. während des Jugoslawien Krieges Truppen an die Grenze verlegt), oder dahinter auch andere Absichten stehen, können wir nicht beurteilen.

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